Montag, 15. November 2010

Drei Geschichten zum "Altar" der Künstlerin Nina Radelfahr

Besuch der Ausstellung "ExAngel" am 12. November 2010


Ein schwarzes, glänzendes Sechseck verhüllt den Altar. Die Seite zum Kirchenraum wird durch eine Öffnung, in Form eines auf der Spitze stehenden Diamanten unterbrochen.
Schwaches Licht scheint von unten in der Öffnung. Von weitem erscheint es weiß-grau.
Bei naher Betrachtung sehe ich die roten Kiemen von großen Fischen, hinter der Scheibe.
Auf dem Sechseck stehen drei Glasbehälter, die nach oben rund sind und unten offen.
Sie verhüllen "Wirbel"? in weiß. Aus Deiner Tiefe kommt das Licht.
Wir filtern unsere Eindrücke, Erlebnisse und stärken unseren Rücken, aufrechter Gang
(Marita)

Ein Schatz, ein Diamant - wie treffend ist deine Beschreibung - ein Geheimnis leuchtet auf im schwarzen, glänzenden Sarkophag. Aus der Ferne lenkt mich der Gekreuzigte hinter dieser schlichten, auf das Wesentliche reduzierten Form ab. Mir kommt das Kind in den Sinn, aus muslimischer Familie, das in der bayerischen Grundschule weinte und bestraft wurde, wenn es sich nicht dem Kruzifix beim Morgengebet zuwandte.
Schwarz, lichtgrau, glasglänzend - ohne Farbe, ohne leben bleibt der gestaltete Raum und drängt mich mehr zu suchen. Die Spitze des Diamanten, der sparsame Lichtschein muss doch einen Ein-Blick geben! Wenige Schritte und du siehst kunstvolle, violett-rote Rosetten, wie feine Fasern, als bewegten sie sich im Wasser des Ozeans, verkieren sich in den dunklen Ecken des Raums. Unter dem Glas, ausgebleicht, starr mahnt: Leben ist endlich, winzig in Raum und Zeit. Und der Gekreuzigte ist kein Lebensdokument. (?)
(Irma)


Es war ein weiter Weg den sie ging, ohne das Ziel zu kennen. Endlich und doch ganz unvermutet steht sie davor und hält inne: 10 m vor ihr, groß, schwarz, glänzend, abgegrenzt, fremd, nicht von dieser Welt - unversehrt hier gelandet, ganz still, schwarz und schön.
Ein Diamant-Fenster mit blauem Schein lockt sie wie ein Mund, drei Glaskuppeln wie Augen oder nichtirdische Sinne beobachten sie. Ihr Herz klopft, Angst, Erwartung - sie tritt näher und ist berührt von rosa aufgefächerter unirdisch schöner Blüten auf dem dunklen Grund eines tiefen Meeres. Zutritt verboten - fass es nicht an! - wertvoll - teuer und unendlich schön.
Edel und kalt und die Sehnsucht nach vollkommener Schönheit, zum Greifen nah und doch unerreichbar, tut fast weh.
Als sie die leichte Faszination des Bösen ahnt, löst sie sich und findet wieder ihren eigenen Weg.
(Brigitte)

Donnerstag, 30. September 2010

Was würdest du tun, wenn es dein Turm wäre?

Unter diesem Motto untersuchte am 25. September 2010, ein Team von Kunstvermittlerinnen und Jugendlichen den Kehrwiederturm in Hildesheim und entwickelte künstlerische Eingriffe in den Räumen des Turms.




Bei der Präsentation der Ergebnisse, am 26. September 2010, wurden die BesucherInnen aufgefordert, Orte im Turm zu markieren, an denen sie sich besonders wohl fühlten und solche an denen sie sich weniger oder gar nicht wohl fühlten. Diese Untersuchung wurde zum Abschluss ausgewertet.


Ausgewählte Gegenstände waren im Turm platziert und auf beiliegendem Zettel notierten die BesucherInnen ihre Assoziationen dazu. Am Tag zuvor waren diese Gegenstände in kurzen Performances benutzt und in Bezug zu den Räumen im Turm gesetzt worden.


In kurzen Videosequenzen beschrieben Jugendliche und Vermittlerinnen ihre Ideen zu einer Umnutzung des Turms und die BesucherInnen konnten selbst ihr persönliches Video-Statement hinterlassen.




Vielen Dank an die Teilnehmerinnen und BesucherInnen!

Text: Maralena Schmidt

Sonntag, 8. August 2010

Meine Favoriten - Jugendliche präsentieren Kunst








19. - 23. Juli 2010, Rundgang: 24. Juli, parallele Austellung im Kunstverein: No Matter. Scheitern und Kunst, offenes Sommerferien-Angebot im Rahmen der Ferienpass-Aktion der Stadt Hildesheim, ab 14 Jahren

In diesem Projekt begeben sich Jugendliche aus Hildesheim auf die Suche nach zeitgenössischer Kunst in ihrer Stadt. Sie reagieren auf die Kunstwerke, beziehen sprachlich od

er in einer künstlerischen Aktion Position und entwickeln Meinungen zu ihren favorisierten Kunstwerken. Die Erfahrungen und entwickelten Positionen werden im Rahmen eines Rundgangs v

on den TeilnehmerInnen an andere Jugendliche, an Freunde und Familie sowie an interessierte HildesheimerInnen vermittelt.





Die Jugendlichen wählten im Verlauf des Projektes jeweils eine Arbeit in der Ausstellung aus und beschäftigten sich mit folgenden Fragen:
Warum weckt sie mein Interesse?
Was „sagt“ sie mir? Wie kann man sie „anders“ betrachten? Was könnte ich der Gruppe zeigen, vermitteln anhand der Arbeit oder über die Arbeit?

Für den Rundgang entwickelten zwei TeilnehmerInnen das folgende Interview mit einer Arbeit des Künstlers Via Lewandowsky:


Die Videoarbeit "Maybe Not" (2005) von Oliver Pietsch ließen die TeilnehmerInnen vor Publikum einmal ohne Musik und im Anschluss einmal mit Musik laufen und fragten nach der Wirkung. Sie selbst fanden, dass es vor allem Verzweiflung ausdrücke und das die Musik die traurige, verzweifelte Stimmung noch verstärke.






Nach der Diskussion mit dem Publikum gab es noch ein fiktives Interview aus der Sicht der springenden/fallenden Person zu hören.

Sonntag, 20. Juni 2010

Mann/Frau/Was Noch?

Rollenbilder und ihre Hinterfragung in zeitgenössischer Kunst... ist ein Workshop der mehrmals zu verschiedenen Ausstellungen des Kunstvereins stattfindet.
Am Sonntag den 20. Juni von 15-20 Uhr haben wir uns mit fünf TeilnehmerInnen zwischen 20 und 30 Jahren, ausgehend von einzelnen Kunstwerken der Ausstellung „No Matter. Scheitern und Kunst“, mit gender im Sinne von sozialem Geschlecht auseinandergesetzt.
Was bedeuten für uns die Kategorien Mann/Frau? Wer legt fest was männlich oder weiblich ist? Kann ich als Mann oder Frau scheitern? Welche Bilder von Männlichkeit und Weiblichkeit sehen wir in den Arbeiten der Ausstellung?

In kleinen Übungen näherten wir uns der Kunst an und untersuchten unser eigenes Verständnis von Geschlecht. Die TeilnehmerInnen führten sich zu zweit und zu dritt abwechselnd mit geschlossenen Augen vor einzelne Arbeiten in der Ausstellung und beschrieben den „Blinden“ was sie sehen konnten. Wir sammelten anschließend die Eindrücke im Gespräch.




Zu der Fotografie "Father and Son" von Johannes Vogl, die Teil der Ausstellung ist gibt es folgende Anekdote:

Die zwei Kerzenständer wurden unabhängig voneinander in einem Wutausbruch an die Wand geworfen. Der größere von einem Vater, als er von seiner Frau verlassen wurde. Der kleinere von seinem Sohn, als dieser zwölf Jahre später von seiner Freundin verlassen wurde.

Ausgehend von dem Bild der zwei Kerzenständer und der kurzen Erzählung, schrieben wir Geschichten, in denen die Kerzenständer und unsere Familien vorkommen sollten.

Im Anschluss daran, gestalteten wir Collagen über Utopien und unsere Vorstellungen von Zusammenleben.





Vielen Dank an die TeilnehmerInnen: David, Irène, Ingelid, Sina und Sophia
Leitung: Güde Hansen und Maralena Schmidt

Samstag, 10. April 2010

Ist da wer?




Kunst entdecken im Kehrwiederturm

...ein Workshop in den Osterferien für Kinder von 7-13 Jahren, vom 29.03. - 01.04. 2010, jew. 10:00-12:15 Uhr (gesamte Dauer: 9 Stunden).

Fünf TeilnehmerInnen erkundeten am Montag mit mir zusammen die Ausstellung "I`m Not There". Die in der Ausstellung gezeigten Videos und Installationen, arbeiten mit Überlagerungen dokumentarischer und fiktionaler Elemente und stellen Fragen nach Narration in bildender Kunst an der Schnittstelle von Fiktion und Dokumentation un

d nach den Grenzen der Abbildbarkeit von Identität und Persönlichkeit.

Das Projekt "Ist da wer?" machte sich also auf die Suche nach den Geschichten, die die Kunst erzählt und nach den Figuren auf die man in der Ausstellung treffen konnte?

Da es in den kommenden Stunden um Geschichten gehen würde, machten wir uns mit einem kleinen Schreibspiel warm: zu den Buchstaben unserer Vornamen suchten wir Begriffe, die uns selbst beschrieben und ein Wort, was nicht stimmt und nicht zu uns passt.

Dann gingen die TeilnehmerInnen mit selbst angelegten Notizbüchern auf Erkundungstour durch die Ausstellung und sammelten Fragen zu den Arbeiten.



Anhand der Fragensammlung machten wir einen zweiten gemeinsamen Rundgang und besprachen ausgewählte Arbeiten der Ausstellung. Wir suchten nach Erklärungen und Antworten auf unsere Fragen.

Unter dem Eindruck der Arbeiten der Künstlerinnen Anna Konik und Sandra Machel entstand z.B. diese Kettengeschichte:

Ein Haus steht da. Leer und staubig.

Mit dem Staub habe ich auch das Gipskissen gefüllt.

Die Toilette würde, wenn sie könnte sagen: Hau ab und komm nie wieder, du stinkst von Kopf bis Fuß.

Am liebsten würde ich das harte Kissen mit dem Fuß weg kicken.

(Floria und Ella)


Dienstag und Mittwoch trafen wir uns in der Kunstschule und malten, schnitten und klebten Kulissen zu den gefundenen und erfundenen Geschichten.

Die Ergebnisse zeigten wir am letzten Tag wiederum in der Ausstellung im Turm. Zu der Präsentation entwarfen die TeilnehmerInnen Saalzettel und Ankündigungsschilder, es wurden geeignete Plätze für die eigenen Arbeiten gesucht und besprochen. Dann kamen Eltern und FreundInnen und es gab Saft und Süßes, was auf keiner Vernissage fehlen darf.

Text: Maralena Schmidt